Samstag, 16. März 2019

Bikinifigur - Ein Thema


Im Rahmen einer Art Schreibwerkstatt im Netz entstand diese Woche folgender Text zum Thema 'Ist die Bikinifigur für dich ein Thema?':




Wenn ich das Wort ‘Bikinifigur’ denke ziehen vor meinem inneren Auge Gruppen von lächelnden, schlanken jungen Mädchen vorbei, die sonnengebräunte Haut nur knapp mit leuchtend gelben Stoffetzen bedeckt … ein Traum.
Ein Traum, der weitergeträumt wird auf den Seiten der Modekataloge, auf den Laufstegen dieser Welt, in den Köpfen vieler Männer.

Welcher uns aber schnurstracks zu der Frage bringt: Dürfen wirklich nur schlanke Menschen Bikini tragen? Wie oft habe ich, gerade hier in unserem eigentlich den Freuden gewidmeten Club schon lesen müssen, daß man ältere und/oder wabbelige Menschen im Schwimmbad oder - huch - FKK Bereich nur ungern sieht.

Na, sehr leiwand. Müssen alle anderen, deren Figur nicht (mehr) den Ansprüchen der ubiquitären selbsternannten Ästheten genügt, sich schamhaft in einen riesigen Badeanzug zwängen, am besten noch einen der bis an die Knie geht wie früher? Wie geht es diesen Menschen damit, in den Augen anderer nicht zu genügen, allein wegen ihres Äußeren?

Wenn man adipöse Menschen befragt, bekommt man oft zu hören, sie seien glücklich, fühlten sich wohl in ihrer Haut und hätten keinerlei gesundheitliche Probleme.
Das freut mich, allein mir fehlt der Glaube.

Das merkt man doch, wie hinter einem hergetuschelt wird, auf der Straße, in der U-Bahn, beim Einkaufen … und wehe man genießt in der Öffentlichkeit ein Eis oder ein Stück Kuchen! Die Frage ‘Muß ausgerechnet DER/DIE jetzt auch noch sowas reinfressen???’ steht den meisten Umstehenden doch deutlich ins Gesicht geschrieben.

Oder Beispiel: Neulich gab es bei uns in der Arbeit Kuchen. Eine ziemlich übergewichtige Kollegin nahm zwei Stück, um sie ihren beiden Mitstreiterinnen an der Rezeption zu bringen. Ein weiterer Kollege sah das und bemerkte giftig: ‘Ja, die hat’s grad nötig!’

Ist ein Mensch verachtenswert, nur weil er keine Idealmaße hat? Würden wir hierzu eine Umfrage machen, würde sich womöglich niemand die Blöße geben wollen ein oberflächlicher Trampel zu sein und das Ergebnis würde lauten: Na eh nicht!
Die Realität sieht leider anders aus.

So: Ist die Bikinifigur für mich ein Thema? Oh yeah, ist sie.
Vom ärztlichen Standpunkt aus muß man ganz klar sagen: Zuviel Gewicht freut die Beine nicht!
Da gibt’s dann hier eine Arthrose und da eine, da braucht man ein künstliches Knie oder einen neuen Großzehen, es ächzen die Bänder, es knirschen die Sehnen.
War das die Schlemmerei wirklich wert? Dann ist es aber zu spät, da kann man die zuviel genossenen Desserts oder Fertigpizzen nicht mehr zurückspeibn, die sind auf ewig gegessen.

So hat man zum Spott auch noch den Schaden.

Dennoch: Das soll sich jeder selber aussuchen dürfen!!!
Möchte ich mich ständig zammreißn am Mittagstisch und dafür am Abend am Pool die genießerischen Blicke der versammelten Mannschaft auf mich ziehen (was auch immer frau dann daraus macht … ) oder will ich lieber das Buffet genießen, scheiß auf die Figur?
Das macht eine Demokratie aus: Die Möglichkeit, sich immer wieder neu zu entscheiden. Erst wenn diese Möglichkeit nicht mehr gegeben ist, wenn Menschen anfangen unter Zwängen zu leiden, sich nicht mehr schön genug finden bzw. von anderen gehänselt werden weil die sie nicht schön genug finden … dann sollten wir uns mal fragen: Was ist das eigentlich. Schön. Was bedeutet das?

Wenn ich mich entscheiden sollte zwischen einem jungen Madl mit Superbikinifigur, aber arrogantem Blick und leerem Hirn - und einer zwar etwas fülligeren aber herzensguten und lebensfrohen gescheiten Dame … ja wen nehm ich dann wohl?

In diesem Sinne: Gehet hin und genießet, aber kennet das rechte Maß. In allen Dingen. Dann klappt es vielleicht nicht mit dem Bikini, aber so ein hübscher Badeanzug mit Längsstreifen hat auch was, und es geht sich dann immer noch ein Achterl Roter aus zur sauren Wurst … oder zwei ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen