Samstag, 22. August 2015

Kinderlos und dennoch ein Mensch?

Momentan bin ich leider krankheitsbedingt dazu verdonnert, mir das herrliche Herbstwetter von innen anzusehen, daher habe ich die Gelegenheit genutzt und gestern mal wieder einen Stapel Bücher aussortiert. Unter anderem auch den 'Kleinen Erziehungsberater' von Axel Hacke.

Obwohl der teilweise wirklich witzig geschrieben ist, hat mich der Herr Hacke dann auf Seite 94 dermaßen verärgert, daß ich das Buch umgehend auf den 'Raus damit!' Stapel knallte.

Was hat der Gute getan?

Genau das, womit sich Eltern schon immer bei anderen (teilweise sogar bei anderen Eltern) beliebt gemacht haben: Sie halten sich für etwas Besseres, etwas Besonderes, für die Elite der Menschheit. Und das aus keinem anderen Grund als daß sie Kinder haben. Da schauen sie dann auf uns Alleinstehende herunter und meinen, uns bedauern zu müssen. Natürlich in seinem Fall alles unter dem Deckmantel des harmlosen, augenzwinkernden Humors, man ist ja gebildet, nicht wahr.

Dankschön auch, Herr Hacke. Wenn ich kurz zitieren darf:

'Soweit ich weiß, gibt es auch Menschen, die keine Kinder haben wollen. [...] ... und sie wohnen in Altbauwohnungen mit ganz viel Ambiente, weil sie eine Menge Geld haben, denn von ihrem Gehalt müssen ja nur sie allein leben, und wenn sie Lust haben tragen sie zwei Armani-Sakkos übereinander und essen pochierte Ameiseneier, und wird es dunkel, stellen sie die Musik ganz laut, um ihre eigenen Seufzer nicht zu hören.'
Zitat Ende.

Brav entschuldigt sich der Autor (vorsichtshalber) anschließend für diese seine Sicht der kinderlosen Existenz, um sich sodann weiter in sentimentalen Schwelgereien über seinen ach so rührenden Nachwuchs zu ergehen.
Und so lustig sind sie, die kleinen Nervensägen.

Da hängen die Trauben aber verdammt hoch, was? Zu spät um sich umzuentscheiden nachdem sie nun einmal da sind (die Kinder, nicht die Trauben), also muß man sich das eigene Schicksal schönreden und wie kann man dies besser bewerkstelligen, als daß man die Alternative, nämlich ein kinderloses Dasein, ins Lächerliche zieht.

Was für eine Ansammlung von Klischees.

Selbstverständlich sind Kinderlose alle total reich.

Sag Er, wie kommt Er darauf?

Lese ich hier seinen schlecht verhohlenen Verdacht heraus, daß es sich bei Kinderlosen allesamt um extrem gut verdienende (ein einfacher Angestellter oder Arbeiter verdient nun einmal auch ohne Kinder nicht genug, um sich in Armani zu kleiden) und somit auch sehr gescheite Menschen handeln muß?
Gescheiter als er, der arme Wicht, der sich nicht einmal am Sonntag ausschlafen, geschweige denn sich zum Frühstück das Vergnügen eines frischen Semmerls gönnen darf?

Selbstverständlich verfügen daher all diese reichen und gescheiten Menschen, so beschließt er trotzig, keineswegs über ausreichend Phantasie um mit all ihrem Geld und ihrer vielen Zeit auch etwas Sinnstiftendes anfangen zu können.
Weil sie ja keine Kinder haben die sie pausenlos von dem abhalten, was sie eigentlich gerne tun würden.
Klingt logisch.

Mit der Musik, da hat Er allerdings zumindest teilweise recht. Die drehen wir manchmal dann doch etwas lauter. Aber nicht, wie Er vermutet, um unsere eigenen Seufzer zu übertönen sondern damit wir uns das nervtötende Kindergekreische aus der Nachbarwohnung nicht länger anzuhören brauchen. Da gibt es wesentlich angenehmere Tonspuren um sich den wohlverdienten Feierabend damit zu untermalen.